Biel 2007 - Die Nacht der Nächte beim 100er mit Günther

 

 

Vor etwa einem dreiviertel Jahr erwähnte Günther in einem Telefonat das er beim 100 Km Lauf in Biel starten möchte.

Spontan entschied ich mich, ihn bei diesem Lauf als Fahrradbegleitung zu unterstützen. So nebenbei wurde diese

Tatsache meiner Freundin Sonja untergejubelt ;-), dafür durfte Sie das Urlaubsziel nach diesem Lauf aussuchen.

 

 

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So oder so ähnlich sah das Wetter bis

kurz vor dem Start aus

Wir reisten bereits am Donnerstag Nachmittag an und durften

bei schwülen Temperaturen richtig schwitzen in Biel. Gegen

Abend war dann auch der Hauptdarsteller des nächsten Tages

Günther mit seiner Frau Herme eingetroffen.

 

Der Freitag wurde mit dem Abholen des Fahrrads beim Bieler

Bahnhof, unserem ersten indischen Essen und mit Schlafen

verbracht. Begleitet von stundenlangen Gewittern mit starken

Regenfällen hüstel das konnte ja Nachts lustig werden so

ganz ohne Taucheranzug.

 

 

 

Allmählich wurde es Ernst! Ich wurde eingewiesen in die verschiedenen Inhalte der Tüten  und der verschieden Fächer,

Taschen und Funktionen des Rucksacks. Dann ging es zum Start- Günther wurde merklich nervöser während ich mir eigentlich

noch überhaupt keine Vorstellung gemacht hatte was heute Nacht so alles ablaufen würde.

 

 

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Nein das ist nicht der Frosch aus der

der Muppet Show ;-)

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Günther und ich vor dem Start

 

 

Um etwa 21.30 Uhr verabschiedete ich mich von Günther und

wünschte ihm viel Glück gepaart mit ein paar beruhigenden

Worten. Die ersten 20 km mussten die Läufer alleine bewältigen,

erst dann durfte das “Radlerfeld” ihnen helfen. Schnell hatte ich

einen Gesprächspartner gefunden, ein ältere Herr hatte vom

gleichen Hersteller wie ich seine Radklamotten.

 

Auf dem Weg nach Lyss erzählte er mir von seinen Erfahrungen

die er in den letzten 20 Jahren beim 100er in Biel gemacht hatte,

in denen er als Läufer aber auch schon des öfteren als Radler/

Coach am Start war. Ich muss ehrlich sagen, dass ich danach

bedient war :-) Da war von Stürzen auf dem Rad die Rede

oder dass er sich auch schon mal verfahren hatte.

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wahrscheinlich im Moment das einzige Starterfeld

auf Rädern das definitiv nicht gedopt war :-)

 

 

Die Fahrt nach Lyss hatte etwas von einem gemütlichen Radausflug zum Grillen :-) jedes Fahrrad war bepackt und teilweise

mit zusätzlichen Lampen versorgt. In Lyss angekommen löste sich dies bunte Gruppe sehr schnell auf und ich entschied

ziemlich am Ende von Lyss auf Günther zu warten. Bis zur Ankunft der Läufer hatte ich ein sehr nettes Gespräch mit einem

jungen Mann der zufällig auch Torsten hieß und aus dem Saarland kam. Das ich langsam alt werde wurde mir da auch

verdeutlicht :-) wir duzten uns eigentlich die ganze Zeit bis zu dem Moment als er erfuhr, das ich schon 33 bin. Da fragte

er mich doch tatsächlich ob er mich weiter duzen dürfe hahaha

 

 

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Die Radbegleiter in Lauerstellung in Lyss

 

Dann kamen die Läufer, die ersten hatten ein Tempo drauf

unglaublich. Auf einmal kam eine mir vertraute Stimme

aus dem Gewussel der Läufer, mit leichtem österreichischem

Akzent und doch etwas jammernd rief da jemand: “Wo isch den

mei Radelfahrer” :-) Jetzt ging es also auch für mich richtig

los, allerdings war Günther nicht ganz so gut drauf!

 

Ihm war kalt und er hatte irgendwie Schmerzen auf der Brust,

ich empfahl ihm erst einmal ein wenig zu gehen und verpasste

ihm seine Laufjacke. Nach kurzer Zeit entschieden wir noch

sein Laufshirt zu wechseln, kurz nach dieser Aktion rief Willi,

ein Freund von Günther auf dem Handy an, so war auf den

ersten gemeinsamen Kilometern einiges los. Ab Kilometer 25

war Günther wieder auf Kurs und alles lief jetzt besser.

 

 

Jetzt ging es langsam richtig los mit unserem Tandem für die Nacht: Getränkeflaschen mixen, Salbe reichen, Stirnlampe auspacken

und natürlich immer mal wieder ein paar Worte plaudern. Verschieden Dinge machten mir in dieser Phase wahrscheinlich mehr

Probleme als ihm, es folgen hier mehrer Beispiel :-) während ich den Rucksack wieder einpackte lief Günther natürlich weiter

und der “Saukerl” war in dieser Phase richtig schnell haha auch war ich mir sicher das in diesem Rucksack nicht nur 3 Tüten sind

sondern mindestens hunderte hahaha egal was Günther brauchte oder wollte irgendwie war das immer in der untersten Tüte :-)

So gegen 3 Uhr fing es dann auch noch etwas an zu regnen, jetzt sollte der Rucksack geschützt werden. Es wäre ja nicht so

das dieser Rucksack sowohl für den Radfahrer als auch für sich selber ein Regencap beinhalten würde, aber glaubt Ihr ich hätte

das alles gefunden hüstel. Das Ende vom Lied war dann das der Rucksack vom Cape (das eigentlich für den Radfahrer gedacht

war) abgedeckt wurde und der Herr Radler im Regen hockte :-) Aber auch so manches lustige Gespräch fand statt: Nach so ca. 25

km sprach mich ein Läufer an ob ich zufällig eine Frau gesehen habe die seinen Namen rief. Ziemlich schnell war klar das der

arme Kerl seine Radbegleitung bei Kilometer 20 verpasst hatte, was er mit den folgenden Worten kommentierte: So eine Blöde Sau

hahaha und die zwei polinischen Soldaten, die uns einluden in Polen beim Ultra zu starten mit der dazugehörigen Homepage grins

unvergesslich auch die zwei Läufer von denen einer behauptete das Sex nach einem 100er so gut ist wie nie hahaha immer in der

Hoffnung das man nach einem 100er überhaupt noch was spürt. Ihr seht schon ich hatte eigentlich meinen Spass bei diesem

Abenteuer in Biel.

 

 

 

 

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Unvergessliche Bilder der Nacht

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Verpflegungsstelle

 

 

Etwa bei Kilometer 55 trennten sich dann unsere Wege, Günther

musste jetzt den Ho-Tschi Minh Pfad laufen. Noch ein paar

aufmunternde Worte und ruckzuck war er in der dunklen Nacht

verschwunden, während ich anfing zwei roten Rücklichtern nach

zu jagen. Die Erzählung vom Anfang dieser Nacht zeigte Wir-

kung und mein einziger Gedanke war: “ Bitte nicht verfahren”!

 

Die zwei Rücklichter vor mir machten allerdings ordentlich Tempo

und somit wollte ich ein, zwei Gänge höher schalten, aber ich

hätte mir das Fahrrad doch genauer anschauen sollen. Das Er-

gebnis war, das ich jetzt richtig treten durfte weil ich gleich zwei

Gänge runter geschalten hatte :-)

 

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warten in der Nacht auf die Läufer

 

Die “Jagd” ging 25 Minuten, mitten im Wald war dann ein Rudel Fahrradfahrer, die alle auf Ihre Läufer warteten. Wie oben

zu sehen ist konnte man eigentlich nix sehen :-) somit war der Ablauf immer der Gleiche : Aus dem Dunklen kam ein kleines

Licht aus dem Wald raus und rief: “ Paul, Maria usw.” und irgendeines der Fahrräder setzte sich dann in Bewegung.

 

 

Ich war ab 4 Uhr 30 an diesem Ort und wartete auf Günther, langsam wurde mir kalt und ich machte mir etwas Sorgen!

Was soll ich tun wenn Günther aus dem dunklen Wald nicht wieder raus kommt? Entgegen laufen? Ganz allmählich wurde

es hell und als Günther gegen ca. 5 Uhr 15 kam, konnte man die Lampen schon ausschalten. Im Gegensatz zum ersten Treffen

in Lyss war er jetzt bester Laune und empfang mich mit den Worten: “ Mir geht es super und wir sind ja gleich schon bei

Kilometer 70 “ Er erzählte mir vom Ho-Tschi Minh Pfad und ich füllte bei der nächsten Verpflegungsstelle mal wieder die

die Flaschen auf. So gegen 6 Uhr morgens hatte ich mein Tief: Günther lief wie eine Maschine, meine Dienste als rollende Licht-

quelle wurden nicht mehr benötigt und so war ich kurz davor über dem Lenker einzupennen :-) 3-4 Becher Cola an der nächsten

Verpflegung sorgten dann dafür, das ich wieder wach wurde.

 

 

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und sie laufen immer noch morgens um 6 Uhr 30

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ein Höllenanstieg zwischen km 75 und 80

 

 

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so sehen Sieger aus

So ca. ab Kilometer 88-90 wurde der liebe Günther doch

etwas “wortfaul” :-) er hatte sich die Strecke im Kopf immer

in 10 x 10 Kilometerläufe aufgeteilt und langsam wich die

Euphorie der Nacht der Erkenntnis das wir ja noch immer einen

10er vor uns hatten! Die Gehpausen wurden häufiger aber er

lief immer wieder schön regelmässig von neuem an ohne das

ich ihn zu sehr antreiben musste, somit kam die Reitpeitsche

von Sonja überhaupt nicht zum Einsatz ;-)

 

Schritt für Schritt ging es dem Ziel entgegen, nach 95 Kilometer

sah Günther eigentlich nicht einmal so fertig aus und die Tatsache

das man die restlichen Kilometer jetzt an einer Hand abzählen

konnte erweckte die “Laufgeister” erneut.

 

 

 

 

Bei Kilometer 97 ließ ich Günther dann alleine! Ich persönlich

fand es richtig das er die letzten Kilometer seines Erfolgs in

Ruhe und alleine genießen konnte und nicht von diesem grünen

Frosch belästigt wurde ;-)

 

Außerdem gab es mir die Möglichkeit voraus zu fahren ins Ziel

und die verschiedenen Fotos bei unseren Frauen abzugeben.

Es dauerte nicht lange und dann kam Günther. Er und ein

anderer Finisher waren noch so gut zu Fuß das sie sich einen

richtigen Endspurt lieferten, dem alleine der Fahrradfahrer zum

Opfer fiel :-)

 

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Finisher nach 11 Std.09 Min 32 Sek

 

 

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tztztz meine schönen neuen Laufschuhe ..

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völlig dreckig vom Rad fahren

 

 

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und noch mal eine Runde laufen :-)?

Mein Fazit fällt natürlich sehr positiv aus, Günther hat seine

Sache hervorragend gemacht, ich persönlich hatte es mir

schwieriger vorgestellt ihn immer einigermaßen bei Laune zu

halten. Für mich war es eine super Erlebnis und gleichzeitig

eine Art Informationsrunde für einen eigenen Start in Biel,

ganz nach dem Motto: Wer den Rennsteig überlebt, der über-

lebt auch Biel :-)

 

Da ich die ganze Nacht ja eigentlich nichts gemacht habe bin ich

dann gleich noch den Halbmarathon in Biel gelaufen :-)

zum Bericht geht es hier