Lost in New York ?

 

 

Der Marathontag begann sehr früh, bereits um 5:45 wurden wir am Hotel abgeholt und  zum Start nach Staten Island

gebracht. Alexander und ich kamen dort bereits um 7 Uhr an und wir konnten uns in Ruhe ein gemütliches Plätzchen für die

nächsten 3 Stunden suchen. Zum Frühstück gab es Kaffee und Bagels, da die Masse der Läufer noch unterwegs war ging

das bei uns alles reibungslos, später durfte man dann locker mal 10-15 Minuten anstehen um einen Kaffee zu bekommen.

 

 

Die Zeit bis zum Start verbrachten wir damit uns zu unterhalten und die Masse der Läufer zu beobachten. Die Sonne zeigte

sich schon jetzt sehr kräftig und man konnte erahnen dass man diese Sonnenstrahlen heute noch verfluchen wird. Um 9:30

setzte sich dann der Großteil der Läufer in Bewegung, es ging zum grünen Startbereich des New York Marathon :-)

Nach dem die Nationalhymne der USA gesungen war ging es auch gleich überpünktlich los, um 10.10 dann bereits für uns

beide. Wir wünschten uns noch Gegenseitig viel Spaß und viel Glück, dann trennten sich unsere Wege.

 

 

Der grüne Block lief auf der zweiten unteren Ebene der

Verrazano Narrows Bridge, trotzdem bot sich uns eine

herrlicher Blick nach Manhattan und man konnte eigentlich

überhaupt nicht fassen das man im Moment beim größten

Marathon der Welt mit läuft.

 

Bei mir lief es von Anfang an sehr gut, unglaublich wieviel Platz

man zum Laufen hatte und sein eigenes Tempo gehen konnte.

Angekommen in Brooklyn boten sich einem phantastische

Bilder: Die Straßen waren meistens sehr weit einzusehen und

man konnte am Horizont die Läufermassen sehen.

Die Begeisterung der Menschen für ihren New York Marathon

war unglaublich, an einem Getränkestand hat mir sogar die

Polizei persönlich meine Getränke gereicht :-)

 

Party in New York

 

 

Man hatte das Gefühl dass hier wirklich jeder auf den Beinen war um die Läufer anzufeuern, ganz besonderes habe ich noch zwei

Bilder in Erinnerung: Ich glaube es war nach 5 Meilen, da stand ein ziemlich alter Mann am Rand und hielt folgendes Schild

in die Höhe: “Come on my son” . Kurze Zeit später wurden die Läufer von einer älteren Frau im Rollstuhl angefeuert, sie stand

am Rande der Strecke und feuerten jeden an mit einer Begeisterung als würde Sie selbst teilnehmen.

 

 

Die ersten 10 Meilen gingen wie im Flug vorbei und ich war genau im Zeitplan auf 3:15, ich hatte sogar noch eine Minute

Vorsprung. Nichts deutete auf das hin was ich noch durchmachen sollte, vor allem ahnte ich noch nichts davon das mein

Magen bzw. mein Körper Gatorade wohl nicht leiden kann. Nach 12 Meilen hatte ich schon so ein komischen Gefühl im Magen,

im einen Moment hätte ich kotzen können im nächsten ein Dixiklo für die nächsten Monate besetzten können :-) Zwischen Meile

13 und 14 ging ich dann ein paar Schritte, der Magen wollte sich aber nicht so recht beruhigen.

 

 

Die Queensborough Bridge -

Willkomen in Manhattan

Die Queensborough Bridge, die Verbindung nach Manhattan

konnte ich dann schön gemütlich geniesen, ich war ja schon

fast aus dem Rennen :-( Als wir auf die First Avenue einbogen

bot sich wieder ein toller Anblick; die First Avenue ist schnur

gerade, am Horizont waren wieder nur Läufer zu sehen

Generell muß ich gestehen das mich die Straßen in New York

doch überrascht haben, ich hätte nicht gedacht das die

einzelnen Avenue`s so eine Mischung aus bergauf und bergab

sind.

 

 

Irgendwo auf der First Avenue bekam ich dann eine Banane, die ich komplett aß, wer mich kennt weiß das das eigentlich ein

Wunder ist :-) Mittlerweile hatte ich auch ein weiteres Problem: Die Beine fanden diese Stop and go Taktik wohl irgendwie

richtig scheiße! Hatte ich bis zu Meile 17 nur Problem mit dem Magen, kamen jetzt noch heftige Krämpfe an beiden

Beinen dazu! Ole Ole genau so hatte ich mir das beim New York Marathon vorgestellt :-(

 

 

Die First Avenue lag hinter mir und ich machte mich auf den Weg

in die Bronx, über die Willis Avenue Bridge verliessen wir

Manhattan. Da ich ja sehr gemütlich unterwegs war, nach wie

vor im Wechsel von Laufen und Gehen, fiel mir beim

Überqueren der Brücke ein Schiff auf! Hüstel das war genau

unter der Brücke :-) Die Willis Avenue Bridge ist eine

Stahlkonstruktion und da ich NEBEN den ausgelegten Matten

lief, um keinem im Weg zu sein, konnte ich dieses gut

Beobachten. Mitten auf der Brücke 

Ein Bild das einem Mutmacht: Bridge under

constr. :-)

wurde das komplette Feld gestoppt, ein Mitstreiter war zusammengeklappt und wurde vom Krankenwagen abgeholt. Weiter ging

es durch die Bronx, im Vorfeld machten wir immer Witze das die Bronx wohl der schlechteste Platz für eine Pause sei, naja ich

machte ja keine Pause :-( Ich quälte mich Meter für Meter Richtung Ziel, der Kopf gab immer noch den regelmäßigen Befehl:

“Los lauf du Sack” bis nach wenigen Meter die Beine wieder anfingen zu krampfen und an den Kopf zurückmeldeten: “Ätsch,

heute nicht.”.

 

 

Zurück nach Manhattan ging es über die Madison Avenue

Bridge, wieder kam eines dieser Bilder auf mich zu was man

wohl ewig im Kopf haben wird:

Beim Marcus Garvey Memorial Park waren an einer Ecke

zwei Feuerwehrautos auf den die komplette Besatzung rumhüpfte

und jeden anfeuerte als wären wir wahre Helden. Beim Anblick

dieser Jungs musste ich unwillkürlich an den 11. September 2001

denken. An diesem Tag hat die New Yorker Feuerwehr viele

geleistet und leider dabei auch viele ihrer Feuerwehrleute

verloren, die anderen helfen wollten und jetzt stehen die gleichen

Jungs auf dem Wagen und brüllen sich die Seele aus dem Leib

für jeden Einzelnen der dort lief.

 

Unglaublich, was die Handbiker, Rollstuhlfahrer

und sonstige Behindertenklasse leisten

 

 

Danach ging es auf die Fifth Avenue und es kam dann auch das Ende für meinen immer noch willigen Dickschädel (Kopf). Als

wir auf die Fifth Avenue einbogen erschien vor mir noch einmal ein Steigung die mir vorkam wie der Mount Everest, ab Meile 24

hatte ich so die Schnautze voll das ich mich am liebsten an den Rand gehockt hätte. Naja das ging aber nicht, die New Yorker

hätten mich wahrscheinlich in Ihrer Begeisterung wieder zurück auf die Strecke gebrügelt und mich angeschrien: “Go on, you can

do it”! Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis ich wieder kurz vor dem Ausgang des Central Parks war, dort packte mich noch

einmal der Ehrgeiz.

 

 

 

Ich bin bisher in jedes Marathonziel eingelaufen, egal was

davor passierte  und das sollte auch hier so sein, scheiss egal

ob es die Füsse jetzt völlig zerreißt

 

Kurz vor dem Plaza fing ich dann wieder an zu laufen und

bog auf den Central Park South ein. Auf einmal hörte ich

aus dem immer noch gewaltigen Lärm die Stimme meines

Bruders, der brüllte irgendetwas von “ Thosi, gib Gas “.

Ich war allerdings schon an ihm vorbei und hatte ehrlich

gesagt wenig Lust noch einmal ein paar Schritte zurück

zu gehen. Sonja habe ich überhaupt nicht gesehen, aber wie

das Bild beweisst Sie mich :-)

 

 

 

 

Dann ging es wieder in den Central Park zurück, links fiel mir ein Läufer auf der gestützt von zwei Helfern Richtung Ziel taumelte

mein einziger Gedanke war “ Gott sei dank ist der Scheiß hier gleich vorbei”. Im Ziel angekommen hatte ich so etwas von

überhaupt kein Glücksgefühl, das kann man sich nicht vorstellen. Die Medaille habe ich mir nur widerwillig umgehängt und ich

konnte auch die Glückwünsche der vielen Helfer überhaupt nicht geniessen, ich dachte nur “Bloss schnell weg hier, nie wieder

Marathon”

 

 

Na schnell weg ging allerdings nicht, wir marschierten im

Gänsemarsch an den UPS-Wägen vorbei. Da mein Wagen

Nummer 40 aus dem grünen Block etwas weiter hinten stand

blieb ich ganz links am Zaun und konnte mir einige Läufer

anschauen: Was da gekotzt wurde war echt heftig, da

hockten Leute völlig weiß im Gesicht und hofften sich zu

erholen. Direkt neben mir kippte ein Läufer völlig um, die

Sanitäter riefen sofort nach einer Krankenbarre.

Auch diese Bilder bleiben sicherlich hängen und zeigen

auch mal das andere Bild von einem Marathon das in den

meisten Laufzeitschriften und Büchern überhaupt nicht

exisitiert !

 

 

Zwei Finischer mit sehr unterschiedlichen Erlebnissen,

rechts Alex und links ich

 

 

Endlich war ich in der Family Area und was kam mir als erste entgegen: Alexander. Ich dachte zuerst ich sehe eine Fatamorgana !!

Er lief den New York Marathon in 4:00:53 und strallte mich an, während ich am liebsten die Medaille direkt in den Müll geschmissen hätte.

Die Leistung von Alex ist schon enorm, wenn man bedenkt das er nur einmal !! 30 km in der Vorbereitung gelaufen ist

und zudem noch zwei Wochen wegen einer Fussverletzung aussetzen musste.

 

 

Wir machten dann noch schnell ein Photo und gingen  zurück in das Hotel, am liebsten wäre ich sofort heim geflogen!

Für die New Yorker ist dieser Marathon ein absoluter Höhepunkt des Jahres und sie zeigen auch das sie stolz auf jeden

Einzelnen sind der ins Ziel kommt, dazu nur ein kleines Beispiel: Als ich auf dem Weg in die Lobby des Hotels war wurde ich

von einem wildfremden Mann angesprochen ob ich den Marathon gelaufen bin, die nächste Frage war ob ich gefinisht hätte,

beides beantwortete ich mit eine gequälten Ja und sofort war der Kerl begeistert! Mit den Worten “ Give me Five” klatschte

wir uns ab, es war ihm scheissegal wie ich ins Ziel gekommen war hauptsache DAß ich ins Ziel gekommen bin.

 

 

Für mich selber war New York der absolute Tiefpunkt! Trotz der Begeisterung der Menschen die ich natürlich genossen habe

empfinde ich mich immer noch nicht so richtig als Finisher, im Gegenteil! Es tut mir leid das ich keinen Bericht schreiben kann

der vor Begeisterung überschäumt aber das wäre schlichtweg gelogen. Im Moment bin ich eher ruhig und sehr nachdenklich,

soll ich mir das Thema Marathon noch einmal geben ???? Meine Begeisterung dafür ist gerade so groß wie die von Axel Schulz

sich noch einmal von einen Klitschko die Fresse polieren zu lassen :-) NULL

 

 

Meilen

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

Zeit

7:56

7:40

7:09

6:50

7:22

7:15

7:07

7:21

7:34

7:23

7:50

7:39

7:41

8:50

Herzfr.

160

160

172

174

170

172

172

173

174

172

171

170

168

157

 

Meilen

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

0,2

 

Zeit

9:25

10:23

9:30

11:32

12:40

12:19

10:42

10:24

11:48

14:30

15:01

11:54

2:14

 

Herzfr.

153

145

149

130

122

130

143

145

140

123

114

139

157

 

 

 

 

zum New York Tagebuch