London Paralympics 2012 - ein besonderes Erlebnis

 

 

 

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Tower Bridge mit dem Zeichen der Paralympics

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Das Motto der Paralympics

 

 

Im Mai diesen Jahres hatte ich den mehrfachen Paralympicssieger Henry Wanyoike zu Besuch in Fellbach (Bericht zum Besuch)

Sehr schnell war damals die Idee entstanden Henry und Joseph bei den Paralympics in London vor Ort zu unterstützen.

Wolfgang war gleich Feuer und Flamme, so ging es ans Planen des Vorhabens.Ich flog bereits am Freitag morgen mit zwei Freunden

nach London und hatte somit alles vorbereitet bevor der “Verlierer von Biel 2010 “ Wolfgang am Samstag ankam (diese Zeile gibt

bestimm noch Haue :-) ) Der Marathon stand am Sonntag früh um 8 Uhr auf dem Programm.

 

 

Samstag 08.09.2012

 

 

 

Am Samstag machten Wolfgang und ich uns auf den Weg zum Olympiapark mit dem Versuch in diesen zu kommen. Tja Wolfgang war mit

seinem Presseausweis da wesentlich erfolgreicher, als ich ohne Eintrittskarte. Der Sauhund hat es sogar geschafft eine Runde im Olympia-

stadion zu drehen (siehe Bericht von Wolfgang).

 

 

Während er den Olympiapark unsicher machte, wartete ich am Eingang des Paralympischen Dorfs. Ich hätte mir selber in den Hintern

tretten können, weil ich irgendwann bei der Planung des Ausflugs nicht mehr an die Parktickets gedachte habe, die ich zum Zutritt 

gebraucht hätte. So schaute ich mir die verschiedenen Sportler mit ihren doch sehr unterschiedlichen Behinderung an.

 

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Eingang Paralympisches Dorf

Sehr bemerkenswert war die gute Stimmung und richtig

beeindruckt hat mich eine Gruppe von Jugendlichen. Die sind

zu jedem hin gelaufen der nach Sportler aussah und holten

sich ein Autogramm, obwohl sind keine Ahnung hatten welche

Sportart dieser Athlet überhaupt ausführt.

 

Enorm war auch die Freundlichkeit der Helfern, egal ob es

darum ging Raucher in die Raucherzone zu steuern oder den

Eingang freizuhalten, alles wurde freundlich und höflich

erledigt.

 

 

Sonntag, Marathontag 09.09.12

 

 

 

Um 6 Uhr 30 ging ich am Sonntag gemütlich aus unserem Hotel

in der Nähe des Towers und machte mich auf den Weg zum Start-

Zielbereich auf  the Mall. Fast wie bei einem eigenen Marathon

genoss ich die Ruhe in der Stadt und machte noch einige Bilder.

 

Bei einem der Verpflegungsstände fiel mir gleich auf das es 

zwischen Paralympics und Olympischen Spielen die traurige

Gemeinsamkeit gibt das deutsche Athleten beim Marathon

nicht starten. Haben wir wirklich niemand in diesem Land der

dazu fähig wäre? Oder geht man auch nachdem aus meiner

Sicht falschen Motto vor: Wenn unsere Athleten keine Chance

haben bleiben sie daheim.

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Wendepunkt in der Nähe des Towers

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Deutsche Fahne Fehlanzeige !

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London Eye, House of Parlement und Big Ben

 

 

Gegen 7 Uhr 30 bin ich im an der Mall angekommen, mit freundlicher Begrüßung „Good morning Sir“ wurde ich durch die Sicherheits-

kontrollen geschleust  und schwups war ich auf der Tribüne genau am Start. Als ich eine der vielen freundlichen Helfer fragte ob hier

auch die Siegerehrung sei, zeigte sich was Spiele auch ausmacht: Die freundliche Helferin hatte keine Ahnung, verschwand 5 Minuten

und kam mit der Antwort wieder zurück.

 

 

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Welsh Guards beim Marsch über die Mall

Ganz langsam stieg meine Anspannung, obwohl ich ja nur

zuschauen sollte. Zur Unterhaltung der noch wenigen

Zuschauer, spielte die Blaskapelle der Queen grins nein so

respektlos darf man das wohl nicht sagen. Es war die Kapelle

 der Welsh Guards, einer der fünf Leibregimenter der Queen.

 

Kurz vor 8 Uhr kamen dann die Helden des heutigen Tages

und ich konnte einen ersten Blick auf Henry und Joseph werfen.

Etwas verwundert war ich dann doch das man am Start nur die

Läufer der T46 (Läufer mit Behinderung der Arme) vorgestellt

bekam.

 

 

 

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Immer nah an der Spitze, aber kein Meter zu Fuß: Der Pressewagen

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Henry und Joseph beim Weg zum Start

 

 

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kurz vor dem Start

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Start des Paralympischen Marathon

 

 

Startschuß – vom eigenen Ruhepuls war ich zu diesem Zeitpunkt etwas entfernt ;-) Die Marathonstrecke sah vor, das eine kleine Runde

mit 2.2 Meilen gelaufen wird und 3 Runden mit 8 Meilen. So waren die Läufer zu Beginn sehr schnell wieder auf der Mall, aber schon

bildeten sich einige Fragezeichen auf meinem Gesicht.

 

 

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Nach 2,2 Meilen in einer Gruppe mit Läufern

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Sir Sebastian Coe hatte den Startschuss für den

Marathon persönlich durchgeführt

 

Das es eine Klasse T46 mit eigenem Paralympiasieger gibt war

mir klar, aber warum werden Läufer von T12 (seheingeschränkt)

und T11 (blind) in einer Kategorie gewertet. Man konnte hier

bereits erkennen das Läufer der T12 wesentlich schneller unterwegs

sind als Läufer T11 mit Guide. Wer einmal die Ehre hatte mit Henry

eine kleine Runde zu laufen, dem dürfte klar sein das es sehr viel

schwieriger ist mit einem Guide zu laufen. Hier ist es dringend

nötig die Regeln zu ändern, weil die jetztige Regelung schlichtweg

Schwachsinn ist.

 

Das Bild was sich nach 2,2 Meilen zeigte veränderte sich nämlich

bis zum Schluss nicht mehr: Vorneweg Läufer der T12, dann die

ersten von T46 und dann die T11er.

 

Das Gute am Start-/ Zielbereich war das man A) sich hinsetzen

konnte B) ich im Schatten war und C) wurde man immer über den

Rennverlauf informiert. Das mit dem Schatten war ein wesentlicher

Vorteil gegenüber den Läufer, denn es wurde wärmer und wärmer.

Genau solche Bedingungen bei denn ich schon nach 10 km

kotzen könnte ;-)

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Nach 10,2 Meilen

 

 

Zweiter Durchlauf auf der Mall: Man darf sich einen Marathon bei den Paralmypics nicht vorstellen wie einen „normalen“ Marathon

Durch die geringe Teilnehmerzahlen entstehen schon sehr früh im Rennen große Abstände. Henry und Joseph laufen zu diesem

Zeitpunkt noch in einen Gruppe mit anderen Läufern mit Guide. Allerdings hatten sie schon hier zur Spitze ihrer Kategorie ca. 6-7 Minuten

Rückstand, die Spitzengruppe bestand ausschließlich aus T12 Läufern. Das komplette Feld zog sich hier bereits ca. 12 Minuten auseinander!

 

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Nach 10,2 Meilen 2 Minuten in Front bei T46 Zhang Lei China

Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt hatte sich der Chinese Zhang Lei

in der T46 Klasse einen Vorsprung von mehr als 2 Minuten raus

gelaufen. Dahinter gab es auf der Mall eine lustige Szene: Der

Brasilianer Sena T und der Spanier Ait Khamouch A waren in der

Verfolgung gemeinsam unterwegs. Der Brasilianer hatte vermutlich

schon einige Kilometer das Tempo gemacht und wollte seinen

Mitstreiter jetzt mal nach vorne bitten. Dieser hatte aber

offensichtlich keinen Lust dazu, so liefen die zwei Zickzack

auf der Mall und der Brasilianer war ordentlich am Maulen.

 

Beim Vergleich mit der eigenen Marathonerfahrung stellte sich

bei mir sehr großer Respekt für die Sportler ein: Deutlich steigende

Temperaturen und dann sehr früh im Rennen mehr oder weniger

allein laufen zu müssen, sorgen nicht gerade dafür das die Distanz

einfacher wird.

 

 

 

Wieder hieß es: Platz nehmen, Moderator lauschen und warten.

Natürlich hatte ich immer einen Blick auf die Durchlaufzeiten und

somit konnte ich sehr gut einschätzen wann die Läufer wieder

da sein mussten.

 

Dritter Durchlauf: Noch immer führte der Chinese die Kategorie T46

an mit ca. 1 Minute 50 Vorsprung, aber er schwächelte! Ein Blick

in sein Gesicht verriet deutlich das er jetzt Probleme hatte, dahinter

kam das Zickzack-Duo Sena/Khamouch. Ich wartete geduldig auf

die ersten Läufer mit Guide, deren Abstand hier ca. 10-12 Minuten

war. Nach und nach zogen die Läufer an mir vorbei, was fehlte

waren Henry und Joseph. Meine leise Hoffnung war “Junge du

bist einfach zu blöd und hast die zwei übersehen”.

 

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T12-Spitze: der spätere Sieger Suarez Lazo A (ESP)

 

 

Es kam der Besenwagen und ich habe keine Ahnung warum, aber irgendwie hatte ich ein mieses Gefühl. Als der Wagen auf meiner Höhe

war erkannte ich zuerst Joseph und dann Henry :-/ Aus, vorbei der Traum vom Marathon bei den Paralympics! In diesem Moment sind mir

die Gesichtszüge für die nächsten Stunden förmlich eingefroren, es hat auch gefühlt eine Ewigkeit gedauert bis ich in der Lage war

Wolfgang per SMS zu informieren. Die zwei im Besenwagen sitzen zu sehen, die leeren Gesichter und die Tatsache das es

 vielleicht für Henry und Joseph die letzten Paralympics waren tat mir mehr weh als so mancher Ultra.

 

 

Ich verfolgte nun das weitere Renngeschehen und wurde durch den Moderator informiert das der Chinese die Spitzenposition verloren hatte!

Damit war ein Ausbruchsversuch, ähnlich wie bei der Tour de France, noch vor dem Ziel beendet. Bei der T12er lief der Spanier Suarez Lazo

ein Superrennen und so wurden wir im Zielbereich recht früh informiert darüber das er vielleicht einen neuen Weltrekord laufen kann.

Tatsächlich kam er dann als erster Teilnehmer ins Ziel und konnte mit 2:24:50 einen neuen Weltrekord laufen! Im Wettbewerb T46er hatte

sich unser Zickzack-Due mittlerweile getrennt und gerechterweise wurde der Brasilianer 2:30:20 neuer Paralympicssieger. Der erste

Läufer mit einem Guide kam nach 2:40 ins Ziel (soweit zum Thema T12 und T11 in einer Wertung)

 

 

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Die Teilnehmer des T54 Wettbewerbs

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die Startaufstellung auf der Mall

 

 

Es dauerte einige Zeit bis zum Start des Marathon T54, Handbiker.

Hier konnte ich ein kurzes Gespräch mit einem schweizer Betreuer

führen, der mir die Tücken des Kurses für die Handbiker erklärt.

Einige kurze Bergpassagen wären vermutlich bei Regen extrem

gefährlich geworden.

 

Es folgte der Start des T54 Wettbewerbs und tatsächlich hat der

Betreuer Grund zum Jubeln: Marcel Hug gewinnt im Photofinish

die Silbermedaille.

 

Die nächsten Stunden waren von der Ungewissheit bestimmt

was mit Henry und Joseph eigentlich passiert war: WER war

eigentlich verletzt von den beiden? Wir erhielten die Info das

Henry im Krankenhaus ist und gegen Nachmittag hatte Wolfgang

dann die Handynummer von Joseph. Henry war zwar enttäuscht

aber trotzdem gut gelaunt (ich wäre vermutlich die nächsten Tage

nicht an mein Handy gegangen :-) und so konnten wir uns am 

Montag treffen

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Die Teilnehmer des T54 Wettbewerbs

 

 

Bei unserem Treffen am Montag war die Freude dann auf beiden Seiten groß und Henry konnte mir erklärten wie es zum Abbruch kam.

Er hatte wohl bereits zu Beginn der Vorbereitung muskuläre Probleme, diese dann aber im Griff. Na ja und beim Marathon kamen

diese wieder zum Vorschein.

 

 

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der krönende Abschluss am Montag

 

 

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Big Ben während des Marathon

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Tower Bridge am Abend